Elser-Akte der Gestapo Düsseldorf

Zeitgeschichtlich hochinteressant, aber für die Elser-Forschung eher irrelevant

Die Staatspolizeileitstelle Düsseldorf führte seit 1933 Akten über politische Gegner, Roma, Asoziale, Homosexuelle und andere als verdächtig angesehene Personen, die sich überwiegend in deren räumlichen Zuständigkeitsbereich aufhielten. Auch über den Bürgerbräu-Attentäter Georg Elser, der nie im Raum Düsseldorf gewesen war, wurde dort eine Akte angelegt. Diese ist dem Anschein nach fast vollständig erhalten.


VON PETER KOBLANK (2020)

Die Staatspolizeileitstelle in Düsseldorf in der Prinz-Georg-Straße war nach den Staatspolizeileitstellen in Wien und Berlin die drittgrößte Gestapo-Stelle im Dritten Reich. Nach einem Luftangriff im Sommer 1943 wurde ihr Dienstgebäude schwer beschädigt. Nach mehreren Umlagerungen landeten die Akten im Konzentrationslagers Niederhagen. Dort wurde das, was noch davon übrig war, von den amerikanischen Streitkräften beschlagnahmt.

Nachdem die britische Militärregierung die Gestapo-Akten von den USA übernommen hatte, wurde die Akten im April 1952 an das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf übergeben.

Heute liegt der Bestand im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in der Abteilung Rheinland, die ihren Sitz in einem historischen Speichergebäude am Innenhafen Duisburg hat. Der Bestand ist vollständig erschlossen und umfasst über siebzigtausend personenbezogene Akten der Staatspolizeileitstelle Düsseldorf mit den Außenstellen Duisburg, Essen, Mönchengladbach, Krefeld, Oberhausen, Wuppertal sowie den Grenzkommissariaten Emmerich, Kaldenkirchen und Kleve.

Es ist schon länger bekannt, dass sich dort unter der Signatur RW 58 Nr. 65209 eine Akte über Georg Elser befindet. Im September 2020 wurde diese Akte vom Georg-Elser-Arbeitskreis Heidenheim vollständig im Internet veröffentlicht.

Die folgenden Erläuterungen werden zeigen, dass diese Akte zeitgeschichtlich hochinteressant ist, allerdings für die Georg-Elser-Forschung keine relevanten neuen Erkenntnisse bringt.

Zeugenaussagen zufolge soll Elser Personalchef bei der NSDAP-Reichsleitung in München gewesen sein, sei wenige Tage vor dem Attentat nachts mit dem Taxi von Essen nach Düsseldorf gefahren, habe sich in einem Ort im Landkreis Hildesheim als Landschaftszeichner betätigt und ein Fahrrad gestohlen, sei als Spion in der Schweiz gewesen, habe in Ratingen um Geld gebettelt und in der Nähe von Erlangen für eine verlorene Handtasche einen Finderlohn erhalten. – All dies bedarf keines weiteren Kommentars.

Neu ist, dass Elser bei der Armaturenfabrik Waldenmaier in Heidenheim nicht nur 250 Pressstückchen Pulver entwendet hat, sondern mit größter Wahrscheinlichkeit auch den Teil eines Zünders.

Die folgende Seitennummerierung orientiert sich an der Online-Veröffentlichung der Akte durch den Georg-Elser-Arbeitskreis.

Seite 1 - Deckblatt des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen

Landesarchiv NRW, Abteilung Rheinland, Bestand-Signatur RW 0058, Bestand Geheime Staatspolizei - Staatspolizeileitstelle Düsseldorf, Signatur Nr. 65209.

Seite 2 - Deckblatt der Gestapo

Hier steht unter "Anfang" der 31. März 1940. Die Akte enthält Einzelstücke, die zwischen dem 16. November 1939 und dem 19. März 1940 entstanden sind, sodass der 31. März eher als Enddatum anzusehen ist.

Seite 3-6 - Personalbogen von Georg Elser

Der Personalbogen ist sehr oberflächlich ausgefüllt: Name, Beruf, Geburtsdatum und -ort, Familienstand.

Er enthält auf der dritten Seite das bekannte Passfoto Elsers, das laut diesem Dokument am 1. Dezember 1939 aufgenommen worden sein soll. In der Literatur wird dieses Bild jedoch auf 1938 datiert.

In einer "stichwortartigen Vorstellung des politischen Lebenslaufes" wird sein gescheitertes Attentat genannt. Er werde verdächtigt, mit Otto Strasser in Verbindung zu stehen. Dass auch der britische Geheimdienst hinter dem Attentat gestanden habe, wird nicht erwähnt, obwohl die Presseveröffentlichungen im November 1939 dies suggeriert hatten.

Seite 6 - Pressebericht "Täter und Anstifter" (22.11.1939)

Dieser Zeitungsausschnitt unter dem Titel "Täter und Anstifter" (genaue Quelle konnte nicht ermittelt werden) beschäftigt sich weitgehend mit dem britischen Geheimdienst, aber auch mit Otto Strasser.

Seite 7-8 - Telegramm der Sonderkommission München (16.-28.11.1939)

Kriminaldirektor Franz Josef Huber leitete die Täterkommission im Rahmen der "Sonderkommission Bürgerbräuattentat". In einem Telegramm vom 16. November 1939 forderte er alle Gestapostellen auf, sofort alle Vorgänge über Georg Elser nach München zu senden. Falls keine Vorgänge existierten, sei dies ebenfalls zu melden.

Antwort per Fernschreiben vom 28. November 1939 von Düsseldorf nach München: Es existierten keine Vorgänge.

Seite 9-10 - Anfrage zur Jagenberg-Werke AG (24.-28.11.1939)

In einem Telegramm der Staatspolizeileitstelle Stuttgart wurde die Staatspolizeileitstelle Düsseldorf am 24. November 1939 gebeten, festzustellen, ob Elser bei der Jagenberg-Werke AG beschäftigt oder sonst bekannt gewesen sei.

Antwort per Fernschreiben vom 28. November 1939 von Düsseldorf nach Stuttgart: Elser war dort weder beschäftigt noch sonst bekannt.

Seite 11-13 - Telegramm von Reinhard Heydrich (25.11.1939)

Der Leiter des Reichssicherheitshauptamts in Berlin und Chef der Sicherheitspolizei, SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, benachrichtigte die ihm unterstehenden Staatspolizei- und Kriminalpolizeileitstellen, dass nach der Bekanntgabe des Namens des Attentäters damit zu rechnen sei, dass Journalisten, Ausländer und sonstige Mitarbeiter ausländischer Zeitungen Nachforschungen anstellen würden. Im Interesse der laufenden Ermittlungen sollten alle in Betracht kommenden Behörden darauf hingewiesen werden, dass jegliche Auskunft über Elser und dessen Angehörige, Verwandte und Bekannte unter Berufung auf das Dienstgeheimnis zu verweigern sei.

Am gleichen Tag instruierte die Staatspolizeileitstelle Düsseldorf ihre Außendienststellen, die Grenzpolizeikommissariate, Landräte, Bürgermeister und weitere Stellen über den Inhalt dieses Telegramms.

Seite 14-18 - Aussage von Anton Bäuerle (22.-27.11.1939)

Der Oberschütze aus München, der in Rheydt beim 19. Infanterieregiment in der 11. Kompanie diente, kam nach Düsseldorf und machte am 22. November 1939 eine Aussage zu Elser. Er hatte über die Presse von dessen Festnahme erfahren. Bäuerle war seit 1931 NSDAP-Mitglied und Angehöriger der SA. Als Blutordensträger war er bei der Veranstaltung im Münchner Bürgerbräukeller, nach deren Beendigung Elsers Bombe explodierte, selbst dabei gewesen. Ihm sei der Gedanke gekommen, dass es sich bei Elser um einen gleichnamigen Mitarbeiter der Reichsleitung der NSDAP in München handeln könne, dessen Alter nach seiner Schätzung passte. Dieser Elser war dort als Personalchef beschäftigt. Er selbst sei seit Mai 1939 nicht mehr in München und wisse nicht, ob dieser Elser dort immer noch Personalchef sei.

Als man jedoch am 25. November dem Bäuerle ein Foto Georg Elsers zeigte, erklärte dieser, er habe den abgebildeten Elser noch nie gesehen.

Seite 19 - Aussage von Konrad Bellmann (23.11.1939)

Der Taxifahrer erklärte am 23. November 1939, er habe am 6. November 1939 gegen 21 Uhr einen Herrn für 25 Reichsmark vom Hauptbahnhof in Essen nach Düsseldorf gefahren. Diesen Mann, der kein Wort sprach und ein sehr eigentümliches Verhalten gehabt habe, habe er anhand der in der Presse veröffentlichten Fotos mit Sicherheit wiedererkannt.

Dies wurde anscheinend nicht weiterverfolgt, es gibt keine weiteren Akten dazu.

Seite 20-22 - Anfrage nach Edit Schiller (12.-22.12.1939)

In einem Telegramm vom 12. Dezember 1939 vom Reichssicherheitshauptamt ROEM[misch] 4 [=IV] Z erkundigte sich Kriminalkommissar Schmidt bei der Staatspolizeileitstelle Düsseldorf nach Edit Schiller, geb. am 6. November 1905 in Hannover und wohnhaft in Duisburg. Diese habe in der Nacht vom 11. zum 12. November 1938 in Konstanz im Gasthof "St. Johann" übernachtet, zeitgleich mit Georg Elser.

Das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) hatte in der Zeit, als diese Akte entstand, sechs Ämter: Amt I Organisation/Verwaltung/Recht, Amt II Gegnererforschung, Amt III Deutsche Lebensgebiete/SD-Inland, Amt IV Geheime Staatspolizei (Gestapo), Amt V Kriminalpolizei (Kripo) und Amt VI SD-Ausland.

"IV Z" steht daher für die Gestapo-Amtsgruppe Z. Die Amtsgruppen von Amt IV waren mit A, B, C, D und E (später auch noch N und P) benannt. Z am Ende des Alfabets deutet darauf hin, dass dies eine spezielle Amtsgruppe, nämlich die Sonderkommission für die Ermittlungen zum Bürgerbräuattentat war. Auch der gesamte weitere Schriftwechsel in der Düsseldorfer Elser-Akte mit dem RSHA kam von und ging an die Amtsgruppe IV Z. Kriminalkommissar Schmidt ist wohl identisch mit einem der am Berliner Verhörprotokoll beteiligten drei Kommissare.

Antwort per Fernschreiben vom 22. Dezember 1939 von Düsseldorf an das Reichsicherheitshauptamt IV Z: Edith (hier mit h am Ende geschrieben) Schiller sei in Duisburg meldepolizeilich nicht erfasst und konnte auch nicht anderweitig ermittelt werden.

Seite 22-23 - Aussage von Gustav Falke (24.11.-2.12.1939)

Der Fahrer bei der 4. Munitionskolonne erklärte am 24. November 1939, dass Georg Elser von Herbst 1934 bis Frühjahr 1935 in der Gemeinde Deilmissen (im Landkreis Hildesheim) in einem Gasthaus unter dem Namen Hillebrand gewohnt und in dieser Zeit Landschaftszeichnungen angefertigt habe. Er selbst wohne neben dem Gasthof und habe dem Elser häufig sein Fahrrad ausgeliehen. Später habe der Dorflehrer Wilhelm Barner dem Elser sein Fahrrad ausgeliehen und mit diesem Fahrrad sei Elser schließlich durchgebrannt.

Diese Information wurde am 2. Dezember 1939 von Düsseldorf per Fernschreiben an das Reichssicherheitshauptamt IV Z weitergegeben.

Seite 24-25 - Aussage von August Scheuerer (22.11.-4.12.1939)

Der am 18. November 1911 in Bochum geborene Metzger in Essen erklärte am 22. November 1939, dass er im Oktober 1937 mit seinen Eltern im Hotel "Zum Löwen" in Sargans im Kanton Graubünden (richtig: Kanton St. Gallen) in der Schweiz gewohnt habe. Dort habe auch ein Ehepaar namens Elser gewohnt. Der Mann sei nur selten aus seinem Zimmer gekommen, besuchte das Restaurant nicht und ging nur bei Dunkelheit auf die Straße. Er habe sich als Ingenieur ausgegeben und erklärt, er werde von der Schweizer Polizei gesucht. Dessen Frau habe erzählt, dass ihr Mann etwas ausspioniert habe und sich verbergen müsse, bis ihm Ausweispapiere der deutschen Geheimpolizei zugeschickt würden. Das Ehepaar sei dann eines Morgens verschwunden gewesen. Der Mann sei etwa dreißig Jahre alt gewesen, etwa 1,75 Meter groß, hager mit einem schmalen Gesicht und einer schwarzen Hornbrille.

Diese Information wurde am 4. Dezember 1939 von Düsseldorf per Schnellbrief an das Reichssicherheitshauptamt IV Z weitergegeben.

Seite 26 - Bericht von Reichsbahninspektors Reichardt (7.12.1939)

In einem Schnellbrief an das Reichssicherheitshauptamt IV Z überreicht die Staatspolizeileitstelle Düsseldorf einen Bericht des Reichsbahninspektors Reichardt und eine Fotomontage. Der abgebildete Elser konnte nicht ermittelt werden und es ließ sich nicht feststellen, ob es sich um Georg Elser handle. Dieser Bericht und die Fotomontage befinden sich jedoch nicht in der Akte.

Seite 27-28 - Aussage von Marta Samson (6.-14.12.1939)

Die am 19. November 1912 in Essen-Heidhausen geborene Hausangestellte erklärte am 6. Dezember 1939, Elser habe vor ein oder zwei Jahren bei ihrer Dienstherrin in Ratingen um Geld gebettelt. Auf die Frage, warum er nicht arbeite, habe er geantwortet, er arbeite im Geheimen und fahre bald wieder ins Ausland.

Diese Information wurde am 14. Dezember 1939 von Düsseldorf per Fernschreiben an das Reichssicherheitshauptamt IV Z weitergegeben.

Seite 29 - Foto von Georg Elser

Das Bild zeigt Elser stehend neben einem Stuhl. Er ist an seinem linken Auge verletzt. Das Foto entstand nach seiner Verhaftung im November 1939. Es wurde nie in der Presse veröffentlicht.

Seite 30-38 - Rheinmetall/Waldenmaier: Der fehlende Stahlzünder (17.-21.12.1939)

In einem Telegramm vom 17. Dezember 1939 der Staatspolizeileitstelle Stuttgart, Sonderkommission Heidenheim, steht, dass Elser bei seiner Verhaftung an der Schweizer Grenze einen Zettel dabei hatte, auf dem stand: "19 Stahlzünder aus Chromnickel-Vergütungsstahl VCN 35/H, 23,9 Kilo 1 Stück fehlt". Diese Notiz bezog sich auf eine Sendung der Rheinmetall Borsig AG, Werk Düsseldorf, an die Firma Johannes Erhard, Inhaber J. Waldenmaier, bei der Elser von Dezember 1936 bis März 1939 beschäftigt war. Die Sendung bestand aus 20 Schmiedestücken. Nach einem Vermerk Elsers auf einem Lieferschein kamen nur 19 Stück an. Am 8. September 1938 reklamierte die Firma Waldenmaier den nicht eingegangenen Rohling. Am 14. September 1938 antwortete die Firma Rheinmetall, dass das Abhandenkommen eines Stückes ausgeschlossen sei, wenn der Korb in geschlossenem Zustand angekommen ist. Es bestehe der Verdacht, dass sich Elser den Rohling angeeignet hat. Die Staatspolizeileitstelle Stuttgart, Sonderkommission Heidenheim, bat um sofortige Ermittlungen, ob 20 Schmiedestücke das Werk in Düsseldorf verlassen haben. Außerdem solle ein Gutachten eingeholt werden, ob die Schmiedestücke (Rohlinge für Zünder) als Staatsgeheimnis zu betrachten seien.

Die Akte enthält einen Versandauftrag der Firma Rheinmetall vom 6. September 1938 über 20 Schmiedestücke mit einem Gewicht von 25 Kilogramm, die zusammen mit dem Korb 26,5 Kilogramm wogen. Weiterhin eine Abschrift einer entsprechenden Versandanzeige an die Firma Waldenmaier und die Kopie einer Expressgutkarte der Deutschen Reichsbahn vom 6. September 1938 über einen Korb mit 20 Schmiedestücken, auf der das Gewicht von 26,5 Kilogramm angegeben ist.

Es folgt das Reklamationsschreiben vom Waldenmaier an Rheinmetall vom 8. September 1938, dass nur 19 Teile geliefert worden seien. Rheinmetall antwortete am 14. September 1938, dass der Versand von nur 19 Teilen ausgeschlossen sei. Vielleicht sei bei Waldenmaier ein Teil zwecks Nachprüfung weggenommen worden, ohne dies dem Lager zu sagen.

Es folgt eine Erklärung des Stahlverkaufs von Rheinmetall vom 19. Dezember 1939, dass der Auftrag von Waldenmaier über 47.500 Pressstücke unter Einschreiben eingegangen sei. Er sei nach den Geheimhaltungsbestimmungen behandelt und der Schriftwechsel hierzu bestimmungsgemäß in Stahlschränken aufbewahrt worden. Es handle sich um eine geheimzuhaltende Angelegenheit.

Der Vorgang endet mit einem Schnellbrief vom 21. Dezember 1939 von Düsseldorf an die Staatspolizeileitstelle Stuttgart, Sonderkommission Heidenheim, dem die genannten Dokumente in sechsfacher Ausfertigung nebst einer Zeichnung, die in der Akte fehlt, beigefügt waren. Aus der Expressgutkarte der Deutschen Reichsbahn in Düsseldorf gehe hervor, dass die Sendung ein Gewicht von 26,5 Kilogramm hatte. Dies ergebe sich aus 20 Schmiedestücken je 1,25 Kilogramm = 25 Kilogramm und dem Korb mit einem Gewicht von 1,5 Kilogramm. Es stehe fest, dass 20 Schmiedestücke versandt wurden. Das Gutachten zum Staatsgeheimnis solle beim Heereswaffenamt in Berlin eingeholt werden. Der Auftrag sei bei Rheinmetall als Verschlusssache geführt worden.

Hierzu ist zu ergänzen, dass der Zollassistent Xaver Rieger, der Elser damals in Konstanz festgenommen hatte, in seiner Schilderung des Aufgriffs des Georg Elser berichtete, dass Elser in seiner Hosentasche einen "verschlossenen Umschlag, in dem sich zahlreiche Zettel über Aufzeichnungen der Herstellung von Granaten und Zündern, Härte- und Hitzegraden, über Kennzeichnung der Munitionskisten, über Farbe, Inhalt der Kisten, sowie deren Bestimmungsort" hatte. Einer dieser "zahlreichen Zettel" hat offensichtlich diese polizeiliche Untersuchung ausgelöst.

Seite 38-42 - Aussage von Berta Steinkamp (24.11.1939-15.1.1940)

Die am 13. Oktober 1894 in Mülheim/Ruhr geborene und in Duisburg lebende Witwe, seit 1934 Mitglied der NS-Frauenschaft und seit 1937 der NSDAP, erklärte am 24. November 1939, dass sie im Mai 1938 mit ihrem Sohn eine längere Radtour durch Süddeutschland gemacht habe. In der Nähe von Erlangen habe sie bei einer Rast versehentlich ihre Handtasche auf einer Bank liegenlassen. Als sie das bemerkte und zurückfuhr, kam ihr ein Radfahrer entgegen, der ihre Handtasche hatte. Er weigerte sich, ihr diese auszuhändigen, da er sie bei der nächsten Polizeibehörde als Fundsache abgeben wollte. Schließlich gab ihr der Mann ihre Handtasche zurück, nachdem sie einen Finderlohn bezahlt und ihm ihre vollständige Adresse auf einem Zettel übergeben hatte. Dieser Mann habe große Ähnlichkeit mit dem in der Zeitung veröffentlichten Bild Elsers gehabt. Sie befürchte, dass Elser noch den Zettel mit Ihrer Anschrift habe und dass sie in Verdacht kommen könnte, etwas mit dem Attentat zu tun zu haben.

Es folgt ein Schreiben vom 28. November 1939 von der Gestapo in Duisburg an die Staatspolizeistelle Düsseldorf, dem die Vernehmungsniederschrift der Berta Steinkamp beilag. Die gemachten Angaben erschienen glaubhaft.

Die Vernehmungsniederschrift wurde am 4. Dezember 1939 per Schnellbrief an das Reichssicherheitshauptamt IV Z weitergeleitet. Von dort kam ein Schreiben vom 16. Dezember 1939, der Berta Steinkamp seien beigefügte Fotos zur Personenfeststellung vorzulegen. Diese Fotos fehlen in der Akte, vielleicht gehörte aber das Foto auf Seite 29 dazu.

Dieser Auftrag wurde am 23. Dezember per Schnellbrief nach Duisburg weitergegeben.

Am 8. Januar informierte die Gestapo Duisburg die Staatspolizeileitstelle Düsseldorf, dass die Witwe nach wie vor eine große Ähnlichkeit zu erkennen glaube, sich aber nicht sicher sei. Nach so langer Zeit glaube sie auch nicht, ihn bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen zu können. Sie habe ihre Wahrnehmungen nur zur Anzeige gebracht, um nicht in einen falschen Verdacht zu kommen, falls der Zettel bei Elser gefunden werde.

Diese Information wurde am 15. Januar 1940 von Düsseldorf per Schreiben an das Reichssicherheitshauptamt IV Z weitergegeben.

Seite 43-48 - Aussage von Gustav Eppler (26.2.-9.3.1940)

In einem Telegramm vom 26. Februar 1940 der Staatspolizeileitstelle Karlsruhe steht, dass Elser im Jahre 1924 etwa neun Monate lang bei der Schreinerei Matthäus Müller in Heidenheim beschäftigt gewesen sei. Dort war um die gleiche Zeit der am 11. Mai 1905 geborene Gustav Eppler beschäftigt, der derzeit an der Westfront bei einer Sanitätskompanie im Einsatz sei. Man solle Eppler über seine Beobachtungen hinsichtlich Elser befragen, insbesondere zur Person, Dauer und Art seiner Beschäftigung, seinen handwerklichen Fähigkeiten, Nebenbeschäftigungen nach der Arbeit, Größe des Betriebs, Umgang mit Arbeitskameraden und die politischen sozialen Verhältnisse im Betrieb.

Am 7. März 1940 erklärte der dieser Niederschrift zufolge nicht am 11. Mai, sondern am 22. September 1905 in Misstädten im Kreis Barlingen (richtig: Meßstetten bei Balingen im Süden von Baden-Württemberg) geborene Gustav Eppler, er habe von 1919 bis 1921 in Nussblingen (richtig: Nusplingen in der Nähe von Meßstetten) das Schreinerhandwerk erlernt und sei danach bei verschiedenen Firmen als Schreiner tätig gewesen. 1924 sei er zwei Mal je drei Monate lang bei der Schreinerei Matthäus Müller in Heidenheim beschäftigt gewesen. In der Möbelschreinerei waren etwa sechs Schreiner tätig. Der Name Elser sei ihm nicht geläufig und die Person auf den ihm vorgelegten Fotos sei ihm nicht bekannt. Auch anhand des in der Presse veröffentlichten Fotos sei er nicht auf den Gedanken gekommen, Elser zu kennen. Bis auf einen Karl Gutmann könne er sich nach dieser langen Zeit an niemand erinnern. Bei seiner ersten Beschäftigung bei der Firma Müller sei das Geschäft rückläufig gewesen und zur Kurzarbeit übergegangen worden, beim zweiten Eintritt wurde wieder voll gearbeitet. Die Entlohnung sei nach Tarif erfolgt und über die politische Einstellung des Schreinermeisters und der Arbeiter wisse er nichts.

Es folgt ein Schnellbrief vom 2. März 1940 von Düsseldorf an die Geheime Feldpolizei des Armeekommando VI, dass man Eppler vernehmen wolle.

Das letzte Dokument in der Akte ist ein Schnellbrief vom 9. März 1940 von Düsseldorf an das Reichssicherheitshauptamt IV Z mit der Vernehmungsniederschrift Epplers, der angab, Elser nicht zu kennen und sich nicht mehr an seine damaligen Kollegen erinnern zu können.

Seite 49 - Rückseite der Akte des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen

Beschriftet mit Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Gestapo Düsseldorf, Signatur-Nr. 65209.


Elser-Akte der Gestapo Düsseldorf auf georg-elser-arbeitskreis.de

Dieser Artikel ist Teil der Online-Edition Mythos Elser.