Lubbe - Elser - Schulze-Boysen - Scholl - Stauffenberg

Eine Gegenüberstellung

Marinus van der Lubbe, Georg Elser, Harro Schulze-Boysen, Sophie Scholl und Claus von Stauffenberg
gehören zu denen, die dem Dritten Reich nicht nur kritisch gegenüberstanden, sondern im Rahmen ihrer
Möglichkeiten den im Rückblick eher aussichtslosen Widerstand gegen das Regime unter Einsatz ihres
Lebens aufnahmen.


VON PETER KOBLANK (2008, 2014)

Marinus van der Lubbe

Georg Elser

Harro Schulze-Boysen

Sophie Scholl

Claus Schenk
Graf von Stauffenberg

Lebensdaten: * 13.1.1909   † 10.1.1934 * 4.1.1903   † 9.4.1945

* 2.9.1909   † 22.12.1942 * 9.5.1921   † 22.2.1943 * 15.11.1907   † 21.7.1944

Geburtsort: Leiden/Oegstgeest (Niederlande) Hermaringen (Württemberg)

Kiel (Schleswig-Holstein) Forchtenberg (Württemberg) Jettingen (Bayern)

Beruf: Maurer, Gelegenheitsarbeiter Tischler

Referent im Reichsluftfahrtministerium Studentin Oberst der Wehrmacht

Familienstand: Ledig Ledig
Unehelicher Sohn

Verheiratet Ledig Verheiratet
3 Söhne, 2 Töchter

Entschluss zum Handeln:

1933 im Alter von 24 Jahren 1938 im Alter von 35 Jahren

1940 im Alter von 31 Jahren 1942 im Alter von 21 Jahren 1942 im Alter von 35 Jahren

Letzter Wohnort: Berliner Str. 55
16761 Hennigsdorf
Türkenstraße 94
80799 München

Altenburger Allee 19
14050 Berlin
Franz-Josef-Straße 13
80801 München
Tristanstraße 8
14109 Berlin
Organisation: Einzeltäter (Anarchokommunist) Einzeltäter

Rote Kapelle Weiße Rose Militärische Verschwörung

Ziel: Das brennende Reichstags-gebäude sollte die Arbeiterschaft zum Aufstand gegen die seit vier Wochen amtierende Hitler-Regierung bewegen. Beseitigung Hitlers und weiterer Mitglieder der NS-Führung durch ein Sprengstoffattentat.

Sturz des Regimes durch Aufklärungsarbeit und Aufruf zum Volksaufstand. Unterstützung der UdSSR durch Weitergabe geheimer Informationen. Sichtbar machen, dass nicht alle Deutschen hinter dem Regime standen. Bevölkerung durch Überzeugungsarbeit über passivem Widerstand und Sabotage zum Sturz des NS-Regimes bewegen.

Staatsstreich mit Beseitigung Hitlers und Entmachtung der NS-Führung. Beendigung des Krieges.

Aktivitäten:

Brandstiftung im Reichstags-gebäude in Berlin, dessen Plenarsaal und angrenzende Räume ausbrannten. Wieder-aufbau 1961-73. Umbau und neue Kuppel 1995-99.

Konstruktion und Bau einer Zeitbombe, Beschaffung von Sprengstoff, heimlicher Einbau im Bürgerbräukeller in München.

Erstellen und Verbreiten von Flugblättern, Anbringen von Parolen an Gebäuden, Hilfe für Verfolgte. Spionage für den Nachrichtendienst der UdSSR. Erstellung von Flugblättern, Verbreitung in ganz Deutschland, Anbringen von Parolen an Gebäuden. Sorgfältig vorbereiteter Staats-streich eines breit angelegten Verschwörer-Netzwerks, Bombenattentat auf Hitler in Rastenburg.

Erfolgsaussichten: Keine. Die Tat lieferte den Nationalsozialisten jedoch einen Vorwand für Verhaftungen, Verordnungen und Gesetze, mit denen sie innerhalb weniger Monate Deutschland in eine Diktatur verwandelten. Hätte sich Hitler wie in den sechs Jahren davor am 8.11.1939 um 21:20 Uhr im Bürgerbräukeller aufgehalten, hätte das Attentat den weiteren Lauf der Weltgeschichte - wie auch immer - entscheidend verändert.

Keine ernsthaften Aussichten, das Regime durch einen Volksaufstand zu stürzen. Der konkrete Schaden durch die an die Sowjetunion weitergegebenen Informationen ist bisher nicht ermittelt. Keine ernsthaften Aussichten, in der knappen Zeit bis zur unvermeidlichen Aufdeckung der Gruppe durch Flugblätter und Parolen einen Sturz des Naziregimes zu bewirken. Hätte die Zeitbombe Hitler am 20.7.1944 in der Wolfsschanze getötet, wäre der Staatsstreich wahrscheinlich gelungen, das NS-Regime abgelöst, der Holocaust beendet und der Krieg verkürzt worden.

Verhaftung: Am 27.2.1933 gegen 21:30 Uhr in flagranti im brennenden Reichstag. Am 8.11.1939 gegen 20:25 Uhr beim illegalen Grenzübergang in die Schweiz.

Am 31.8.1942 auf Grund eines entschlüsselten Funkspruchs aus Moskau vom August 1941. Am 18.2.1943 beim Verteilen von Flugblättern in der Universität München. Am 20.7.1944 nach Scheitern des Staatstreichs.

Vernehmungsakten: Die Vernehmungsprotokolle der Kriminalpolizei sind Teil der Gerichtsakten. Bundesarchiv Koblenz. Das Berliner Verhörprotokoll wurde 1964 in den Akten des ehemaligen Reichsjustizministeriums entdeckt.

Die Akten haben den Krieg nicht überstanden. Als zusammenfassende Quelle existiert ein Bericht der Gestapo. Das Vernehmungs-Protokoll lagerte jahrzehnte-lang in der DDR, zuletzt im Stasi-Archiv in Dahlwitz-Hoppegarten und wurde ab 1990 zugänglich.

Erschießung vor Einschaltung der Gestapo.

Geständnis: Am Abend der Festnahme am 27.2.1933 in der Polizeiwache "Brandenburger Tor". In der Nacht 13./14.11.1939
in der Gestapo-Leitstelle im Wittelsbacher Palais in München.

Die Akten haben den Krieg nicht überstanden. Am Morgen des 19.2.1943
in der Gestapo-Leitstelle im Wittelsbacher Palais in München.
-

Haft: 27.2.1933 - 10.1.1934 Untersuchungshaft in Berlin und beim Reichsgericht in Leipzig. 9.11.1939 - 9.4.1945 bei der Gestapo in München und Berlin, im KZ Sachsenhausen und im KZ Dachau.

31.8.1942 - 22.12.1942 bei der Gestapo in Berlin und im Militärgefängnis Berlin-Spandau. 18. - 22.2.1943 in der Gestapo-Leitstelle im Wittelsbacher Palais in München. -

Tod: Enthauptung mit der Guillotine in der Richtstätte im Landgericht Leipzig am 10.1.1934 auf Grund des Todesurteils des Reichsge- richts in Leipzig vom 23.12.1933. Genickschuss im KZ Dachau am 9.4.1945 gegen 23 Uhr durch SS-Oberscharführer Theodor Bongartz auf Grund des von Heinrich Müller, Chef der Gestapo (Amt IV) in Berlin, am 5.4.1945 angeordneten Liquidierungsbefehls.

Erhängung in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee am 22.12.1942 auf Grund des Todesurteils des Reichskriegsgerichts vom 19.12.1942. Enthauptung mit der Guillotine im Strafgefängnis München-Stadelheim am 22.2.1943 gegen 17 Uhr durch Scharfrichter Johann Reichart auf Grund des um 13:30 Uhr von Dr. Roland Freisler, Präsident des Volksge- richtshofs verkündeten Todesurteils.

Erschießung am 21.7.1944 um 00:15 Uhr auf Befehl von Generaloberst Friedrich Fromm im Hof des Bendlerblocks in Berlin.

Historische Aufarbeitung: Der Reichstagsbrand begünstigte Hitlers Machtergreifung und galt jahrelang als Selbstinszenierung der Nationalsozialisten. Auch wenn inzwischen die meisten Historiker van der Lubbe für einen Alleintäter halten, wird weiterhin über angebliche Drahtzieher spekuliert. Während die Nazis glaubten, der britische Geheimdienst habe das Attentat organisiert, gingen ihre Gegner davon aus, die Nazis selbst hätten es inszeniert. Die Alleintäterschaft Elsers konnte erst nach Aufarbeitung des 1964 entdeckten Berliner Verhörprotokolls nachgewiesen werden.

Ursprünglich galt die Rote Kapelle als kommunistische Spionageorganisation. In den 1990er Jahren erkannte man, dass es ein heterogenes Netzwerk war, das vielfältigen Widerstand leistete. Nicht alle arbeiteten wie Schulze-Boysen, der postum von der UdSSR einen Orden erhielt, für dessen Nachrichtendienste. Auf Grund von Briefen, Tage-büchern und Zeitzeugen war von Anfang an eine korrekte Aufarbeitung möglich. Das erst seit 1990 zugängliche Vernehmungsprotokoll bestätigte die hohe Charakterfestigkeit dieser jungen Widerstandskämpferin. Auf Grund von Dokumenten, Erinnerungen überlebender Mitverschwörer und anderer Zeitzeugen war von Anfang an eine korrekte und ausführliche Aufarbeitung möglich.

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Heutige Bewertung: Sein früher und radikaler Widerstand gegen Hitler gilt als Torheit. Daher findet er kaum Anerkennung als "echter" Widerstandskämpfer, gilt aber wegen des Todesurteils als Justizopfer. 2007 hat die Bundesanwaltschaft das Urteil von 1933 aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt. Inzwischen als Widerstands-kämpfer anerkannt. Die Zulässigkeit des Tyrannenmords wird nicht mehr in Frage gestellt. Die 8 Toten und 57 Verletzten des Bürgerbräuattentats werden, da es sich bis auf eine Kellnerin um Hitler-Anhänger handelte, kaum noch thematisiert. Heute gilt die Rote Kapelle als eines der größten Widerstands- netzwerke im Dritten Reich. Dass über 70 Prozent der ums Leben gekommenen Aktivisten Anhänger des Kommunismus waren, wird kaum thematisiert. Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten werden nur noch am Rande erwähnt. Ikone des gewaltfreien Widerstands gegen die NS-Diktatur und Synonym für die Weiße Rose. Dass ihre Aktivitäten keinerlei ernsthafte Erfolgsaussichten hatten, das NS-Regime zu beseitigen, tut der Wertschätzung keinen Abbruch.

Spätestens seit den 1960-er Jahren besteht weitestgehende Einigkeit darüber, dass der Versuch von Staatsstreich und Tyrannenmord moralisch gerechtfertigt war. Bedauert wird, dass die Verschwörer sehr viel Zeit benötigten, um ein erfolgversprechendes Konzept zu entwickeln.

Größte Deutsche: - Platz 97 - Platz 4 Platz 49
Spielfilme: -

Weitere Filme

Hintergrundinformationen



Straßen und Plätze:
(Stand Januar 2014)
- 54 6 72 294
Gedenkstätten: Leiden und Leipzig (Südfriedhof): Gedenksteine Königsbronn: Gedenkstätte Berlin: Gedenktafeln München: DenkStätte
Ulm: Geschwister-Scholl-Haus
Stuttgart: Altes Schloss
Albstadt: Schloss Lautlingen

Attentate auf Hitler

Briefmarken zum Deutschen Widerstand

Unsere Besten - Wer ist der größte Deutsche?

Dieser Artikel ist Teil der Online-Edition Mythos Elser.